16.8.2020

Du hast einen strengen Tag, ein schwieriges Gespräch steht Dir bevor oder Du bist einfach nervös. Und dann entspannst Du Dich: Du rollst Deine Schultern sanft nach unten, hinten, innen und Du atmest durch. Es fällt auf: Unsere Schultern sind für Emotionen anfällig. Warum nur nehmen wir Anspannung oft zuerst in den Schultern wahr?
Die Schulter ist unser beweglichstes Gelenk. Eine derart ausgeprägte Beweglichkeit macht für spontane Anpannung durchlässig. Wäre die Schulter so stabil wie die Hüfte, würde sie Spannungen, die anderswo im Körper ihren Ursprung haben, nicht so direkt übernehmen. Unsere Hüften sind in sehr stabile Bänder eingepackt. Diese machen das Gelenk fest und stark – schliesslich müssen wir auf zwei Beinen stehen können. Ein solches Gewicht wie die Hüften müssen unsere Schultern nicht tragen. Bei den vierbeinigen Primaten beispielsweise ist das anders.
Leichte Schultern, leichter Kiefer
Seit der Entwicklung des aufrechten Gangs sind beim Menschen die Schultergelenke immer “luftiger” geworden. Ebenso der Kiefer: Während der Evolution hat sich der Gesichtsschädel vom Oberkiefer bis zur unteren Partie der Augen zu einer Art “Leichtbauweise” entwickelt. Schultern und Kiefer wurden im Lauf der Zeit nicht nur feiner, sondern auch sehr viel leichter. Deshalb sind sie auch so sensibel – und ein guter Barometer für unser aktuelles Wohlbefinden.
Ob wir “eine schwere Last auf den Schultern tragen”, oder ob wir uns “durch etwas durchbeissen”: Diese Redewendungen sind kein Zufall. Unser Organismus bringt unsere emotionale Verfassung recht schnell über die Haltung der Schultern und über muskuläre Spannung im Kiefer zum Ausdruck. Wird eine solche Anspannung chronisch, kann sie sich im Körper auch für längere Zeit festsetzen.