Category Archives: Körpertherapie

Migräne, Du meine Freundin

05.01.2022

Foto: Pixabay

Liebe Migräne,

Dir einen Liebesbrief zu schreiben, wäre ja ein bisschen absurd. Was hast Du mir bereits an Lebenszeit genommen, an Spass verdorben. Ja sogar ganze Ferienwochen hast Du mir gründlich vermiest. Dir verdanke ich einsame Abende statt rauschende Feste, hämmernde Schmerzen, einen unsäglichen Nebel im Kopf und lähmende Übelkeit. Wegen Dir trinke ich keinen Alkohol und rauche nicht, auch wenn ich dazu manchmal Lust hätte. Warum sollte ich Dir also danke sagen?

Durch Dich lernte ich mich besser kennen. Lernte, die Art der muskulären Spannungen zu lesen, durch die du deine Attacken meistens ankündigst. Lernte, die richtigen Medikamente zur richtigen Zeit zu nehmen. Meinen inneren Schweinehund zu überwinden, um zweimal in der Woche joggen zu gehen. Auch bei blödem Wetter, bis mein Knöchel dabei zu Bruch ging. Lernte, dass nichts selbstverständlich ist. Mit Dir begab ich mich auf Erkundungstour in die Welt der Neurologie und Komplementärtherapie. Fast nichts, was ich nicht probierte. So traf ich unter anderem auf eine nette Shiatsutherapeutin, die mir immer wieder gut zuredete, auf einen Masseur, der sich als Physiotherapeut ausgab, oder auf eine Akupunkteurin, die mich in der Pause auf der Liege vergass. Und auf viele weitere Menschen, die mich alle auf ihre Art ein Stückchen weiter brachten.

Mein Kopf besteht aus Haut, Schädelknochen und Membranen, durch die unzählige feine Nerven- und Blutbahnen führen. Seine Struktur hat mich schon immer fasziniert. Wann fühlt sich ein Kopf leicht an, welche Mechanismen müssen dafür im Gleichgewicht sein? Und wo genau kondensiert sich die Energie im Kopf, wenn er fast platzt, oder eben pocht, hämmert, wabert, schmerzt? So langsam fügte sich eins zum anderen als ich begann, einzelne Strukturen des Schädels zu zeichnen. Ist so ein Kopf nicht ein Wunderwerk der Natur?

Die Entdeckungsreise ist noch nicht zu Ende. Durch die Auseinandersetzung mit meinem Kopf lernte ich, die feinen Bewegungen der Schädelknochen gegen- und aneinander zu spüren. Ich bekam ein Gefühl für die Aktivität der vier Hirnventrikel, für die beiden Hirnhälften und für die Membran dazwischen. Jetzt weiss ich, was Falx und Tentorium sind, das foramen magnum oder der sinus rectus. Ich kenne die Hirnnerven, die Becker-Schritte, den Vault hold — und im Fachchinesisch werde ich immer besser. Auch ist mir nun klar, warum ich gerne Mützen trage, aber Helme absolut nicht mag. Mein Kopf braucht Freiheit! Und Bewegung.

Liebe Migräne, dank Dir bin ich noch bis im Herbst 2024 in einer Ausbildung als Craniosacraltherapeutin. Vielleicht werde ich eines Tages mit anderen Migräne-Betroffenen arbeiten. Und dann werde ich wissen, wie sich Deine fiesen Attacken jeweils anfühlen können.

Bei mir bist Du zum Glück ein seltener Gast geworden. Ab und zu kommst Du vorbei und erinnerst mich, dass es Dich noch gibt. Dann schlägst Du zu. Und erinnerst mich daran, was ich durch Dich alles erfahren und erleben durfte. So gesehen: Danke Dir, Migräne!

Gesundheit: ein dynamisches Geschehen

21.08.2022

Bist Du gesund? Manchmal ist diese Frage gar nicht so leicht zu beantworten. Einfacher wäre vielleicht: Wie gesund bist Du genau? Im Zuge meiner Ausbildung zur Körpertherapeutin befasste ich mich mit einigen theoretischen Grundlagen zum Thema Gesundheit. Einige Gedanken daraus fand ich spannend genug, um sie hier festzuhalten.

Schon die WHO definiert Gesundheit als subjektives Gefühl von körperlichen, geistigen und sozialem Wohlbefinden. Die Organsation der Arbeitswelt KomplementärTherapie (OdA KT) führt dies in ihrem Grundlagenpapier etwas aus:

  • Gesundheit ist ein mehrdimensionales Phänomen. Es ist abhängig von körperlichen seelisch-geistigen, sozialen und materiellen Ressourcen.
  • Gesundheit ist eine individuelle Erfahrung und ergibt sich aus dem subjektiven Erleben des Menschen, das stetigen Veränderungen unterliegt.etwas Ganzheitliches. Etwas, das also nicht nur den Körper betrifft, sondern gleichermassen auch Seele, Geist und unser Umfeld.
  • Gesundheit und Krankheit sind nicht polare Zustände, sondern gehen fliessend ineinander über. Der Mensch ist somit nicht entweder gesund oder krank, sondern erlebt verschiedene Grade von Wohlbefinden oder eben Beeinträchtigung.

Wollen wir also wirklich gesund werden, müssen wir folgende Bereiche stärken:

  • Selbstregulation
    Unser System kann sich selbst regeln. Ist diese Regulierungsfunktion gestört, kommt es zu einem Ungleichgewicht. Dies wiederum kann vielseitige Beschwerden auf körperlicher oder seelischer Ebene auslösen.
  • Selbstwahrnehmung
    Eine differenzierte Körperwahrnehmung kann Bewusstseinsprozesse auslösen, so dass der Mensch krankmachende bzw. auch gesundheitsfördernde Aspekte in seinem Verhalten und in seinen Lebensbedingungen erkennt.
  • Genesungskompetenz
    Hat man einmal Bewschwerden, braucht man die Fähigkeit, seine eigenen körperlichen, seelischen und geistigen Kräfte optimal für den Genesungsprozess einzusetzen.

Körpertherapien aller Art helfen natürlich genau in diesem Sinne. Von der Trägerschaft der Höheren Fachprüfung für KomplementärTherapie (OdA KT) sind im Moment 22 verschiedene Methoden anerkannt. Auch die Yogatherapie gehört seit 2015 dazu. Einen Grundstein dafür legte übrigens ein Verfassungsartikel, den Volk und Stände in der Schweiz mit überragenden 67 Prozent angenommen hatten. Das war 2009. Seither wird Komplementärmedizin in Anwendung, Lehre und Forschung immer mehr berücksichtigt. Auch dies ein Zeichen dafür, dass diese Therapiemethoden ihren Platz in unserem System verdient haben.